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Rechtsanwälte Hartmann Abel Zimmer

Bei Krankheit zur Arbeit?

Muss ich während meiner Krankheit in den Betrieb kommen, wenn der Chef das will? - Informationen zum Arbeitsrecht von Rechtsanwälte Hartmann Abel Zimmer aus Offenburg.

Frau krank auf Sofa
Muss ich während meiner Krankheit in den Betrieb kommen, wenn der Chef das will?

Muss ich während meiner Krankheit in den Betrieb kommen, wenn der Chef das will?“: Mit einem in der Praxis häufiger vorkommenden und auf beiden Seiten für Verdruss sorgenden Thema hatte es das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 2.11.2016 zu tun.


Gelegentlich fällt ein Mitarbeiter länger aus, schickt brav die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Chef fragt sich, was der Mitarbeiter wohl hat, wie lange er noch ausfällt und wie man dafür sorgen kann, dass er bald wieder mit an Bord ist. Daher werden gelegentlich Mitarbeiter während ihrer laufenden Arbeitsunfähigkeit vom Betrieb angerufen und zu einem Gespräch geladen. Manchmal nicht zu Unrecht befürchtet der Mitarbeiter, hier solle es ihm arbeitsvertraglich an den Kragen gehen, sprich das Gespräch diene in Wirklichkeit nur der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.


Also taucht die Frage auf, muss man zu so einem Gespräch in den Betrieb kommen oder nicht? Das BAG meinte, man müsse nicht, hängte aber wie oft ein Aber an.


In dem von ihm zu entscheidenden Fall hatte ein Mitarbeiter eine Abmahnung erhalten, nachdem er die Einladung des Chefs zu einem Gespräch über die „Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ ebenso ablehnte wie die Forderung, „gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen“. Die letzte Weigerung mahnte das Unternehmen ab, worauf der Mitarbeiter Klage erhob und in allen drei Instanzen Recht bekam.


Die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Chef angesetzten Gespräch bestehe nur, wenn eine Pflicht zur Arbeit bestehe und an der fehle es im Krankheitsfall.


Hier nun das Aber. Das BAG führte wörtlich wie folgt aus:


„Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage.

Nachdem die für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb darlegungs- und beweispflichtige Beklagte solche Gründe nicht aufgezeigt hat, musste der Kläger der Anordnung der Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht nachkommen. Die Abmahnung ist daher zu Unrecht erfolgt, weshalb der Kläger ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen kann.“


Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 2. November 2016, Az. 10 AZR 596/15


„Übersetzt“ bedeutet das, dass der Unternehmer durchaus Gründe haben kann, um mit dem Mitarbeiter das Gespräch über den weiteren Ablauf auch während einer laufenden Arbeitsunfähigkeit suchen zu dürfen, etwa Probleme im Betrieb wegen des Ausfalls.


Die Frage ist, wo er das Gespräch führen kann.


Kann er Gründe vorweisen, die es absolut erforderlich erscheinen lassen, dass man sich im Betrieb trifft, darf er den Mitarbeiter wohl in den Betrieb zitieren und ihn abmahnen, wenn der sich weigert. Das Ganze wirkt aber ziemlich theoretisch, denn wann solche Gründe vorliegen, wird man pauschal nicht sagen können.


Daher dürfte weiter Rechtsunsicherheit – und zwar für beide Seiten - bestehen, ob man zumindest dann in den Betrieb kommen muss, wenn der Chef Gründe für die Anwesenheit nennt.


Geöffnet wurde die Tür aber wohl für Initiativen von Unternehmen, telefonischen oder persönlichen Kontakt mit dem Mitarbeiter in dessen trautem Heim herzustellen, wobei letzterer natürlich bedingt, dass der Mitarbeiter als Inhaber seines Hausrechts einverstanden ist.


Weigert er sich indes, selbst ein Gespräch in seinem Heim zu führen, wird er wohl schlechtere Karten haben, wenn der Chef diese Weigerung zum Anlass von Sanktionen nimmt. Es bleibt streitträchtig. 



Für eine detaillierte Rechtsberatung nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.

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